17.06.2003
MarkenKommentar
OLG Hamburg: Mitwohnzentrale II
von RA Dr. Martin Bahr
Die Problematik, ob Gattungsbegriffe unlauter iSd. § 1 UWG sind, hat bekanntlich lange Zeit die Rechtsprechung in Domain-Sachen beschäftigt. Erst durch die Grundlagen-Entscheidung "mitwohnzentrale.de" des BGH (Urt. v. 17.05.2001 - Az.: I ZR 216/99) wurde schließlich höchstrichterlich geklärt, dass Gattungsbegriffe-Domains keinen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG darstellen.
Der BGH ließ damals aber ausdrücklich offen, ob das Betreiben einer solchen Domain nicht irreführend iSd. § 3 UWG sei und verwies dazu den Fall an das OLG Hamburg zurück.
Die Hamburger Richter haben nun in dieser Sache ein aktuelles Urteil gefällt (OLG Hamburg, Urt. v. 06.03.2003 - Az.: 5 U 186/01). Danach ist die Domain "www.mitwohnzentrale.de" nicht irreführend und daher auch nicht wettbewerbswidrig. Dabei hat das Gericht zwei wichtige Punkte zur Bestimmung herangezogen.
1. Nicht bloße Namensbezeichnung, sondern vielmehr tatsächliche
Ausgestaltung entscheidend:
Zur Bestimmung einer Irreführung ist nicht allein auf die Bezeichnung der Domain, sondern auch auf den dahinterstehenden Internet-Auftritt, insbesondere die konkrete Gestaltung der Homepage, abzustellen: "Für die Gefahr einer täuschungsbedingten Hinwendung des Verkehrs zu den Angeboten des Beklagten zu 2. ist vielmehr das gesamte Erscheinungsbild des "hinter" dem Domain-Namen vorgehaltenen Internet-Auftritts, insbesondere also auch die konkrete Gestaltung der Homepage maßgeblich. Denn der Domain-Name als solcher ist für die Annahme einer Alleinstellungsbehauptung nicht hinreichend aussagekräftig."
2. Hinweis auf eingeschränkte Auflistung / keine Bezugnahme auf
Konkurrenz erforderlich:
Nach Ansicht des OLG Hamburg ist es grundsätzlich ausreichend, wenn ein Verein darauf hinweist, dass auf auf den Webseiten nur Vereinsmitglieder aufgeführt sind und keine sonstigen Dritten. Eine ausdrückliche Bezugnahme oder gar Nennung der Konkurrenz ist nicht erforderlich.
Anmerkung:
Nach der grundlegenden "mitwohnzentrale.de"-Entscheidung des
BGH gingen viele davon aus, dass dieses Problem vom Tisch sei, wurden jedoch durch mehrere nachfolgende Urteile eines besseren belehrt. So urteilte das LG Düsseldorf (Urt. v. 06.07.2001 - Az.: 38 0 18/01), dass das Betreiben der Domain "literaturen.de" gegen § 826 BGB verstoße, weil die "formalrechtliche Stellung" dazu benutzt werde, erhöhte Einkünfte zu erzielen, die in keinem realen Zusammenhang mit der Leistung des Domain-Inhabers stünden. Und das OLG Nürnberg (Urt. v. 06.11.2001 - Az.: 3 U 2393/01) sah die Domain "www.steuererklaerung.de" als irreführend an, da sie lediglich von einem Lohnsteuerverein betrieben wurde. In ähnlicher Weise das OLG Hamburg (Urt. v. 02.05.2002 - Az.: 3 U 2393/01) hinsichtlich "www.rechtsanwalt.com", eine Plattform, die durch Nichtjuristen betrieben wurde.
Andere Gerichte dagegen lehnten eine Wettbewerbswidrigkeit ab, so z.B. das LG Düsseldorf
(Urt. v. 12.06.2002 - Az.: 2 a 0 11/02) im Falle von "www.versicherungsrecht.de".
Das aktuelle OLG Hamburg-Urteil gibt dem Internet-Nutzer nun endlich bestimmte Kriterien an die Hand mittels der eine mögliche Rechtswidrigkeit vermieden werden kann. Das Urteil schafft damit einen weiteren, kleinen Baustein hinsichtlich Rechtssicherheit in Domain-Sachen. Es bleibt aber abzuwarten, ob nicht auch bei diesem Problemkreis letzten Endes erneut der BGH eine Grundlagen-Entscheidung fällen muss, um absolute Rechtssicherheit für alle betroffenen Verkehrskreise herzustellen.
RA Dr. Martin Bahr
www.dr-bahr.com
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